Am Montag, den 02.11.215 fand in der Berggrundschule in Doberlug-Kirchhain die 7. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport statt, welche bis zum Tagesordnungspunkt 3 gemeinsam mit dem Ausschuss für Kreisentwicklung, Landwirtschaft und Umwelt durchgeführt wurde. Genau dieser Tagesordnungspunkt war auch von großem Interesse für die Herzberger Besucher, denn es handelte sich um die Unterbringung des Philipp-Melanchthon-Gymnasiums Herzberg am Standort Anhalter Straße 10 und Nachnutzung Haus 2. Dieser Tagesordnungspunkt enthielt zudem eine Beschlussvorlage für die nachfolgenden Punkte.
1. Der Kreistag beschließt, das Philipp-Melanchthon-Gymnasium Herzberg ab Schuljahresbeginn 2016/2017 am Standort Anhalter Straße 10 in Herzberg unterzubringen.
2. Der Kreistag beauftragt die Verwaltung, sich mit der Stadt Herzberg in Verbindung zu setzen und die Nachnutzung des Hauses 2 zu verhandeln.
Frau Eilitz (Leiterin Amt für Jugend, Familie und Bildung) von der Kreisverwaltung erläuterte die Vorteile, die dieser Standortwechsel mit sich bringen würde. Dabei handelt es sich grundlegend um eine Verringerung der Standorte, eine in Teilen verbesserte Situation der Räumlichkeiten, die oberhalb der Raumempfehlungsordnung liegen, aber in Teilen auch eine Verschlechterung in den Bereichen Chemie und Aula. Weiterhin wurde erwähnt, dass es erste konkrete Vorschläge für die Nachnutzung der Räumlichkeiten für Haus 1 und Haus 2 gibt. Herr Scherff (Amtsleiter Gebäudemanagement) erläuterte dann im Anschluss die geschätzten Kosten für die notwendigen Sanierungen von Haus 1 und Haus 2, sowie die Nutzungsänderungen des OSZ als Gymnasium. Die Sanierungskosten belaufen sich auf ca. 3.150.000 Euro und eine Nutzungsänderung schlägt mit knappen 600.000 Euro zu Buche. Nachzulesen ist dies auch in den öffentlichen Sitzungsunterlagen, da der Landkreis schon ein Bürgerinformationssystem führt.
Die anstehende Diskussion leitete dann der Ausschussvorsitzende, Herr Gerd Rothaug, mit einer ausführlichen Darlegung seiner Meinung ein.
Im Anschluss beantragte Christian Voigt Rederecht für Frau Dr. Heike Drobner-Dechering (Lehrerin Herzberger Gymnasium), Herr Michael Oecknigk (Bürgermeister Herzberg) und Herrn Dr. Waldemar Nehring (Oberstufenkoordinator und Mitglied des Kreistages), welches auch mehrheitlich, nach längerer Diskussion, angenommen wurde. Das Rederecht für Herrn Dr. Nehring als Kreistagsmitglied musste erwähnenswerter Weise explizit beantragt werden, da er vom Landkreis als befangen eingestuft wurde. Diese mit Fakten gespickten und emotionsgeladenen Redebeiträge kompakt zusammen zu fassen ist ehrlich gesagt nicht einfach, aber ich versuche es einmal aus meiner persönlichen Wahrnehmung.
Es wurden überzeugende Argumente aufgeführt, warum man die Entscheidung nicht an den nackten Zahlen festmachen sollte. So stellte Dr. Nehring heraus, dass das Philipp-Melanchthon-Gymnasium Herzberg trotz nicht ganz optimaler Lernbedingungen in diesem Jahr das beste Abitur in Brandenburg geschrieben habe. Des Weiteren fühlt er sich vom Landkreis schlecht informiert. Dies würde man auch darin sehen, dass der Kreis eine vor Jahren erstellte Standortanalyse den Abgeordneten erst an diesem Abend als Tischvorlage zur Verfügung gestellt habe. Viel zu kurzfristig, um diese genau prüfen zu können. Frau Dr. Drobner-Dechering widerlegte einige von der Kreisverwaltung genannte Punkte zur Beteiligung der Schulkonferenz an der Entscheidung zum Umzug. Sie stellte heraus, dass sie das Gefühl habe, dass der Lehrerschaft eine vom Kreis gewollte Lösung untergeschoben werden soll. Der Bürgermeister wies erneut darauf hin, dass das historisch einzigartige Ensemble von Rathaus, Kirche und Gymnasium, im Herzen Herzbergs, der zentrale Grund war, warum die Stadt Herzberg Gründungsmitglied der AG Städte mit historischen Stadtkern im Land Brandenburg wurde und dadurch aus dem sogenannten D-Programm 22 Mio. Euro evaluieren konnte. Für ihn sei es ein Herzenswunsch dieses historisch einzigartige Ensemble zu erhalten, zumal es auch ein wichtiger Faktor für eine vitale Innenstadt ist. Für tiefere Information verweise ich gern noch einmal auf den lesenswerten Beitrag „Auszug aus dem Notizbuch des Bürgermeisters“ auf Seite 7 im Amtsblatt 22/2015.
Der Landkreis konnte in Form von Frau Eilitz, Herrn Hans (Kreis-Kämmerer) und Herrn Neumann (Dezernent) nachvollziehbar erklären, warum man einen Umzug des Gymnasiums in das OSZ favorisiert. Das Oberstufenzentrum steht Ende 2015 noch mit ca. 8 Mio. Euro als Anlagevermögen in der Bilanz des Landkreises und man benötigt dafür logischer Weise eine sinnvolle Nachnutzung. Als Standort für das Herzberger Gymnasium ist es zudem geeignet und bietet auch die bereits genannten Vorteile.
Zusammenfassend kann ich für mich sagen, dass ich erstmals den Eindruck hatte, dass es eine wirklich offene Diskussion gab, wo halbwegs alle Meinungen angesprochen wurden. Für mich wurde auch der Rahmen einer sachlichen Diskussion nicht gesprengt, auch wenn es unterschiedliche Auffassungen über verschiedene Dinge gab. Dies soll nur ein kurzer Auszug aus einer mehr als einstündigen Diskussion sein.
Der Ausschussvorsitzende traf am Ende dieser Diskussion die Entscheidung die Beschlussvorlage in die Fraktionen zur Entscheidungsfindung zu verweisen. Dies war gut, da es den Anschein hatte, dass bei den Abgeordneten noch einiges an Informations- und Diskussionsbedarf besteht bevor eine Entscheidung getroffen werden sollte.
Ich möchte an dieser Stelle aber noch einmal ein paar eigene Gedanken formulieren. Auch wenn ich ein klarer Befürworter des historischen Gymnasiumstandortes in der Herzberger Innenstadt bin geht die Herzberger Welt bei einem Umzuges des Gymnasiums in die Räumlichkeiten des OSZ nicht unter. Den für mich persönlich empfundenen Identitätsverlust meiner Heimatstadt kann durch sinnvolle und passende Nachnutzen der Gebäude Haus 1 und Haus 2 gemildert werden. So gab es auch gute Vorschläge, wie etwa eine Art Museum für das Schaffen des Philipp Melanchthon oder die Kreisvolkhochschule oder Teile der Kreisverwaltung. Aber auch dafür Entstehen Umbaukosten für z.B. Fluchtwege und barrierefreie Zugänge, die jetzt zu Recht bemängelt werden. Entscheidend bleibt aber der Fakt, dass die Stadt Herzberg dafür keinerlei Garantien bekommt und nach der Art und Weise, wie bisher mit der gesamten Thematik umgegangen wird, traue ich persönlichen diesen Willensbekundungen nicht über den Weg, auch wenn mir klar ist, dass der Landkreis bzw. der Kreistag darüber nicht im selben Atemzug zusammen entscheiden kann.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal aus dem Fazit für das Nutzungskonzept des Gärtnerhauses am Elsterschloss-Gymnasium in Elsterwerda zitieren, wie es bereits Christinan Voigt als Mitglieder unserer Wählergruppe Herzberg Zählt in der Sitzung getan hat.
„Seine besondere Bedeutung erhält dieses Gebäude durch die Funktionskombination aus Gewächshaus und Gärtnerwohnung. Dies ist deutschlandweit eine sehr seltene Bauform und in Brandenburg ist kein weiteres Beispiel einer solchen Funktionsdoppelung aus dem 18. Jahrhundert bekannt!
Damit ist dieses Gebäude zumindest im Land Brandenburg einzigartig und sollte aus denkmalpflegerischer, als auch kulturhistorischer Sicht erhalten werden. Funktionell und aus schulischer, aber auch kultureller Sicht, würden sich diese Gebäude und seine mögliche Nutzung ideal in das bauliche Gesamtensemble sowie in das schulische Angebot einfügen“
Die Sanierung dieses Gebäudes wird übrigens wie geplant ca. 1 Mio. Euro Kosten und wichtige Kulturhistorie sollte uns im Kreis auch weiterhin etwas Wert sein.
Ich kann als Herzberger Bürger nur hoffen, dass die Mitglieder des Kreistages der kulturhistorischen Sicht für die Stadt Herzberg die wünschenswerte Aufmerksamkeit Schenken und Ihre Zukunftsentscheidungen nicht ausschließlich von nackten Zahlen abhängig machen, wie man es auch schon bei anderen Projekten in unserem schönen Landkreis getan hat.
Frank Lehmann